Kamun Sang Agi _ das Kind der Armut

 

 

Kamun Sang Agi

Das Kind der Armut oder Die Göttin des Glücks
Eine altkoreanische Legende über GLÜCK & TEILEN

Eröffnungs-Inszenierung für das internationale koreanisch-indische Straßentheaterfestival GWACHEON HANMADANG FESTIVAL 2004 in Gwacheon-Gyeonggi Do, Republic of Korea

Premiere: 14. September 2004

Theaterinszenierung mit 16 SchauspielerInnen aus Korea, SchauspielerInnen der DADA (The Dramatic Art & Design Academy, New Delhi, Indien), 60 Kindern aus Gwacheon City

 

Text, Regie, Choreografie Dietmar Lenz
Regie-Mitarbeit Eun-A Baek
Kostümbild Jin-Sook Son
   
Koreanische Musik Noru Machi
Goong Goo Ru
Indische Musik Musiker der DADA Academy-Indien
   
Erzählerin Youn-Cho Park
SchauspielerInnen SchauspielerInnen aus Korea,
SchauspielerInnen aus Indien,
60 Kinder aus Gwacheon-Korea
   
Fotos  Theater Salpuri

 
"TEILEN" war thematischer Schwerpunkt des Festivals
Der im globalen Umfang grösser werdende Riss zwischen Arm und Reich lässt das Wesen humanen Miteinanders vergessen: das TEILEN. Der Inszenierung liegt die alt-koreanische Legende KAMUN SANG AGI zugrunde, in der zentral ein ekstatisches Fest der Bettler ist, auf dem die verlorene Tochter KAMUN SANG AGI ihre erblindeten Eltern wiederfindet.

Kamun bedeutet „Die Dürre“ und Agi „Das Kind“: Kamun Sang Agi ist also „Das Kind der Dürre“,
ist aber auch der Name für „Die Göttin des Glücks“. Ähnlich der altgriechischen Göttin NEMESIS, die Göttin der "ausgleichenden Gerechtigkeit", aber auch des "gerechten Zorns".  

Die Legende erzählt von zwei Bettlern, einem jungen Mann, der im oberen Dorf und einer jungen Frau, die im unteren Dorf leben.
Beide verlassen ihr Dorf, um im Nachbardorf betteln zu gehen. Auf der Mitte des Weges treffen sie sich, verlieben sich ineinander und teilen von nun an ihr Bettler-Schicksal. Bald schon bringt die Frau eine Tochter zur Welt ...

Zur Geburt der ersten Tochter sammeln die Bauern in der Umgebung in einer Silberschale Essen für Mutter und Kind, das daher Silber-Kind genannt wird. Nach der Geburt der zweiten Tochter bringen die Bauern ihre Gaben in einer Messingschale und das Mädchen wird Messing-Kind benannt. Nach Geburt der dritten Tochter werden die Gaben in einer Holzschale überbracht und das Kind Holz-Kind, KAMUN SANG AGI genannt.
Hiernach kehren Glück und Reichtum in das Haus der bettelarmen Eltern.
Mit der Zeit vergessen die Eltern, dass sie einmal Bettler gewesen waren und eines Tages fragen sie ihre Töchter, wem sie ihr Leben zu verdanken haben. Die beiden ersten Töchter antworten „dem Himmel, der Erde und Vater und Mutter.“ Wie glücklich sind die Eltern über diese Antwort! Die jüngste Tochter aber antwortet, dass sie ihr Glück Himmel und Erde, Vater und Mutter und ihrer eigenen Kraft zu verdanken habe. Darüber ist der Vater so erbost, dass er seine jüngste Tochter verstößt. Am nächsten Tag bereut er seinen Zorn und bittet seine beiden ersten Töchter ihre jüngere Schwester wieder nach Hause zu holen. Diese wollen jedoch ihr Erbe nicht mit ihrer jüngsten Schwester teilen, und so lügen sie: „Lauf schnell, denn Vater will dich schlagen!“ Im Nu verwandeln sich die beiden in zwei Tausendfüssler und ihre beiden Eltern werden mit Blindheit geschlagen.

KAMUN SANG AGI wandert mit einer Kuh durch das Land und findet bei einer Familie mit drei Söhnen ein Lager. Der älteste Sohn kommt mit Wurzeln nach Hause, kocht diese, gibt sich selbst den besten Teil der Wurzel und seinen Eltern und dem Mädchen die schlechteren Teile. Der zweite Sohn kommt mit Wurzeln nach Hause und tut genau wie sein Bruder. Der jüngste Sohn aber gibt den besten Teil seiner Wurzeln den Eltern, den zweitbesten der jungen Frau und er selbst isst den schlechtesten Teil. Eine Liebe entspinnt sich zwischen KAMUN SANG AGI und dem jüngsten Sohn, und eines Tages finden die beiden statt der Wurzeln Gold im Wald. Reich geworden, heiraten sie und leben von nun an in Glück und Frieden.
Was bleibt, ist die Sehnsucht in KAMUN SANG AGI nach ihren Eltern. Sie veranstaltet ein Fest für die Bettler und Blinden des Landes. Von überall her kommen sie, doch ihre Eltern kann sie nicht entdecken. Das Fest nähert sich schon dem Ende, da läuft ein blindes Bettlerpaar über den Platz: die Eltern von KAMUN SANG AGI. Sie empfängt sie erfreut, gibt ihnen zu Essen und zu Trinken und als sie sich als ihre Tochter zu erkennen gibt, gewinnen ihre Eltern vor Schreck darüber ihr Augenlicht zurück.

Der Mensch ist Teil _ eines größeren Ganzen, einer Familie, einer Gesellschaft, ist Teil der Natur, ist Teil des Kosmos. Der Mensch teilt _ die Früchte der Natur, seiner Arbeit, seine Gedanken und Gefühle, das Leben mit anderen auf diesem Stern.  - „Geben und Empfangen ist das Gewebe unseres ganzen Lebens, vom ersten Schluck Nahrung an.“  Jean Starobinski

KAMUN SANG AGI: Das Kind der Armut oder die Göttin des Glücks ist auf zwei Ebenen in Szene gesetzt:

1/ Erzähl-Ebene: Gesang, Erzählung und Musik.
Eine Erzählerin erzählt in traditioneller altkoreanischer Balladenform, Pansori,
zu indischer und koreanischer Musik, die Geschichte von KAMUN SANG AGI,
dem Kind der Armut, die zur Göttin des Glücks wird.
   
2/

Szenisch - choreografische Ebene: ein Spektakel der Bettler.
Bewegte Schaubilder, die Stationen, Charaktere und Szenen der Geschichte darstellen.
Visuell grafisch-choreografische Szenen bebildern die Erzählung über das „Auf und Ab“ als das
Wesen des Lebens, mit jungen koreanischen und indischen Schauspielern und Tänzern, sowie
mit Großobjekten: Tücher, Stangen, Hände, Blumen und Schalen.

 

GWACHEON HANMADANG FESTIVAL 2004 in Gwacheon-Gyeonggi Do, Republic of Korea