PIRI - Ruf der Seele

 

 

PIRI - Ruf der Seele

ein Tanz-Solo zu Musik von I-Sang Yun : „Piri“ für Oboe Solo

1. Premiere 1989   1. Berliner Tanztage
2. Premiere 1994   Berlin

 

Musik "Piri" (1971) von I-Sang Yun
Choreografie Soogi Kang, Dietmar Lenz
Licht Design Dietmar Lenz
   
Tanz Soogi Kang
Kor. Trommel, Gongs Johannes Oehlmann
Jang-Go Trommel Jung-Sook Rippel
Gongs Dietmar Lenz
   
Fotos Klaus Rabien

 

„Piri“ (1971) für Oboe-Solo von I-Sang Yun entstand nach seiner Gefangenschaft in Süd-Korea. 1967 vom südkoreanischen Geheimdienst aus Deutschland entführt, war I-Sang Yun bis 1969 politischer Gefangener der Diktatur in Süd-Korea unter Präsident Park.
 

Choreografischer Ansatz
„Wenn in der Musik Europas erst die Ton-Folge Leben gewinnt, wobei der Einzelton relativ abstrakt sein kann, lebt in Asien schon der Ton für sich. Man kann unsere Töne mit Pinselstrichen vergleichen, im Gegensatz zur Linie eines Zeichenstiftes. Vom Ansatz bis zum Verklingen ist jeder einzelne Ton Wandlungen unterworfen ... “
I-Sang Yun

Lässt sich das, was hier über den Ton und seine Generierung gesagt wird, in tänzerische Bewegung, Geste, Choreografie übersetzen?
 
„Die Oboe ist hier Stimme des Gefangenen im Kerker. Sie drückt Leiden aus, aber auch den Versuch, die äußere Unfreiheit zu übersteigen und zu geistiger Freiheit zu gelangen.“
Luise Rinser
 
 

Ein Vogel flattert herab,
ein kleiner Vogel,
auf die Malvenblüte im fahlen Morgen,
auf den Teller,
auf die schartige Messerklinge,
der kleine Vogel.
Woher kam er?
Sie haben ihn festgenommen.
...
Warum wird aus einer Träne
 ein Tropfen Blut?
Die Malvenblüte,
auf sie herabgeflattert ein Vogel aus Papier,
tot, der nicht mehr fliegt.
Und dennoch,
leise flattert der Tote weiter.
Ob jener wird fliegen können?

Ein kleiner Vogel flattert herab.
Auf die Messerklinge,
wie eine Klinge flatternd,
mit roten Augen ein kleiner Vogel....

aus : Kim Chi-Ha: „Der Regen“

 

Pressestimme

Uralt und Blutjung: Soogi Kang in der Theatermanufaktur
„Die Koreanerin Soogi Kang berührte mit dem kurzen Stück „Piri“ mit einer fremdartigen Intensität. Ich will nicht behaupten, ich hätte ihr Stück verstanden, zumal ich von „schamanistischen Urformen des Dramas aus Korea“, die ihren Tanz inspirierten, keinen Schimmer habe. Aber allein das Gesicht der Koreanerin schien mir hier, im Kulturkreis der glatten Larven, wie ein wilder Aufruf aus ursprünglichen Zeiten. Soogi Kang bewegte sich nur in einem kleinen Viereck aus Licht, und dies wurde zu einem Ort der Konzentration und der elementaren Erfahrungen, an dem nichts Nebensächliches mehr existierte. Ihre Präsenz auf der Bühne war nicht das „Hier und Jetzt“ des Modern Dance, vielmehr schien sie gleichzeitig im Lichtviereck und in einer anderen Dimension gegenwärtig.

Ihre Gesten, deren Fluss sich zwar manchmal ins kaum noch Wahrnehmbare verlangsamte, aber nie zu Posen erstarrte, reichten in einen anderen Raum hinüber. Sie glich einer transparenten Hülle um ein schlagendes Herz; einer Pflanze, die sich allmählich ins Licht streckt; einem gefangenen Dämon, der in heftigen Sprüngen vergeblich an seinen Ketten zerrt. Ihre Vitalität war die alles Organischen – sei es ein unscheinbares Moos oder ein prächtiger Schmetterling – und stand dabei doch im Zeichen schwer zu fassender Transzendenz.“
KBM, TAZ-Tageszeitung, 10.02.1989